Rechtliche Grundlagen zur Fahrtauglichkeit

bei Parkinson Patienten

Was der behandelnde Arzt beachten sollte:

Die grundsätzliche Eignung von Parkinson-Patienten, Fahrzeuge im heutigen Straßenverkehr zu führen, ist zunehmend in die Diskussion geraten. Bedingt durch entsprechende Studienveröffentlichungen und einer zunehmenden Sensibilisierung der Polizei sehen sich immer mehr Patienten mit Schreiben verschiedener Straßenverkehrsämter konfrontiert, mit denen sie aufgefordert werden, ihre Fahrtauglichkeit nachzuweisen.

I. Aus Sicht des Patienten:
§ 2 Abs. 2 Nr. 3 StVG in Verbindung mit 11 FEV regelt die grundsätzliche Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr.

Die Begutachtungsrichtlinien weisen darauf hin, dass ein betroffener Parkinson Patient ein KFZ dann nicht sicher führen kann, wenn aufgrund des individuellen körperlich-geistigen (psychischen) Zustandes beim Führen eines KFZ eine Verkehrsgefährdung zu erwarten ist.

Für Parkinson-Patienten ist unter 3.9.3 dieser Richtlinie festgelegt, dass die Fähigkeit, Kraftfahrzeuge sicher zu führen, nur bei erfolgreicher Therapie oder in leichten Fällen der Erkrankung gegeben ist.

Unter diesem Aspekt sind daher Arzt und/oder Psychologe gefordert, die Fahrtauglichkeit aus medizinischer Sicht zu beurteilen. Im Rahmen der zugrundliegenden Fragestellung, ob und inwieweit eine Verkehrsgefährdung zu erwarten ist, dürfen Billigkeitsüberlegungen nicht berücksichtigt werden (Bay. VGH, DAR, 91/273).

Soweit ein evtl. fahruntauglicher Parkinson-Patient ein KFZ im Straßenverkehr führt, könnte es sich um eine Ordnungswidrigkeit oder einen Straftatbestand handeln.

a. § 24 a Abs. 2 StVG ist nicht einschlägig, da „Anti-Parkinson-Präparate“ dort nicht genannt werden.
b. § 316 StGB(Trunkenheit im Strassenverkehr)
Ist der Straftatbestand nur einschlägig, wenn die Anti-Parkinson-Medikamente zu den „berauschenden“ Mitteln gerechnet werden dürfen.
Nach einhelliger Meinung in der Rechtsprechung und Literatur gehören hierzu jedoch nur solche Substanzen, die in der Wirkung auf den menschlichen Organismus mit dem des Alkoholismus vergleichbar sind, also die intellektuellen und motorischen Fähigkeiten beeinträchtigen und die Hemmschwelle senken.
Abgesehen von verschiedenen Mindermeinungen (s. Gutachten von Herrn Prof. Dr.Stark, Universität Köln, 28.02.2001) sind die Anti-Parkinson-Präparate jedoch nicht geeignet, einen berauschenden Zustand der Patienten herbeizuführen.
c. Gefährdung gemäß § 315 c StGB
Wäre nur dann einschlägig, wenn der Patient „infolge geistiger oder körperlicher Mängel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen“ und es zu einer konkreten Gefährdungssituation kommt.
In diesem Falle müsste dann im Einzelfall entschieden werden, ob und inwieweit der vorliegende Straftatbestand erfüllt ist.
d. Eine fahrlässige Sachbeschädigung, Körperverletzung oder Tötung können für Arzt wie für Patient nur einschlägig sein, wenn infolge der Krankheit und/oder Medikamenteinnahme es zu einem Unfall mit entsprechenden Folgen kommt.

 

 

 

II. Aus Sicht des behandelnden Arztes:
Der Arzt hat aus seiner beratenden Stellung gegenüber dem Patient und auf der Grundlage des Behandlungsvertrages eine Garantenstellung, so dass er unter Umständen zum Handeln verpflichtet sein kann.

 

a. Aufklärung

Der Arzt ist verpflichtet, von sich aus den Patienten auf die Gefahren bei der Teilnahme am Straßenverkehr hinzuweisen. (Konstanz NJW 1972/2233).

In diesem Zusammenhang scheint es opportun zu sein, eine entsprechende Aufklärung durch den Patienten gegenzuzeichnen zu lassen (Beweislastverteilung).
b. Verpflichtung zur Benachrichtigung der Verkehrsbehörde/Polizei

Soweit sich Patienten trotz entsprechender Aufklärung durch den Arzt unvernünftig verhalten und als Fahrer für sich und die Umwelt eine Gefahr darstellen, ist nach einhelliger Meinung der Arzt berechtigt, seine Schweigepflicht zu brechen und die Verkehrsbehörde in eiligen Fällen die Polizei, zu benachrichtigen (BGH NGW 1968/2290).

Der § 34 StGB in Verbindung mit § 203 StGB, rechtfertigt dies, da zu Gunsten Leib und Leben die Schweigepflicht im Rahmen des rechtfertigenden Notstandes durchbrochen werden kann.
c. Ärztliche Pflicht zur Einschaltung der Behörden

Während das Recht zur Benachrichtigung unumstritten ist, weichen die Meinungen über eine Pflicht stark auseinander.

- Ist der Patient in der Lage die Zusammenhänge zu verstehen und zu entscheiden, ist dem Willen des Patienten Vorrang einzuräumen.

- Ist der Patienten nicht in der Lage, frei und unbeeinflusst von der Krankheit und/oder Medikamenten zu entscheiden, ist dieses Verhalten von der Garantenstellung des Arztes umfasst und er muss die notwendigen Schritte unternehmen, um den Patienten an der Teilnahme am Straßenverkehr zu hindern.

 

 


III. Fazits
Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die Fahrtauglichkeit bei Parkinson Patienten tatsächlich wie rechtlich ein komplexes Thema darstellt. Die Frage der Fahrtauglichkeit sollte im Beratungsgespräch unbedingt angesprochen werden und dokumentiert werden. Die sich aus der Garantenstellung ergebenden Rechtspflichten sollte der behandelnde Arzt auf jeden Fall beachten.